Höchstmögliches Verwertungsinteresse
Unter dem fantasy-Namen „Euref“ (Europäisches Energieforum“) will sich der Berliner Immobilien-Mann Reinhard Müller in Schöneberg höchstmögliches Baurecht verschaffen. Vor vier Jahren hat er dazu von der GASAG Teile des Gasometer-Geländes gekauft. Das kleine Areal an der Torgauer Straße soll Kerngebiet und mit zehn neuen Hochhäusern zugebaut werden. Sogar der denkmalgeschützte Gasbehälter wird mit einem 57 Meter hohen Innenausbau bedroht.
Das Landesdenkmalamt war dagegen, sah aber von seinen „erheblichen denkmalpflegerischen Bedenken“ ab, um „die Verwertungsinteressen des potenziellen Investors an einer höchstmöglichen Ausnutzung des Grundstückes“ nicht zu gefährden.
Drei Jahre verfolgt das Bezirksamt nun schon die Absicht, mit seinem Bebauungsplan 7-29 alles in der Umgebung in den Schatten zu stellen. Die Anwohner in ihren fünfstöckigen
Altbauten sehen sich 15-Geschossern ausgesetzt, und Müller selbst bezeichnet seine
Megalomanie als „das logischste und einfachste Projekt, was ich überhaupt gemacht habe“.
Doch es gibt noch ein Problem. Wer „rd. 163.800 m²“ Geschossfläche plant, muss auch A sagen. „Die Planstraße A ist zur Erschließung der künftigen Nutzungen erforderlich.“ So will es das Baugesetzbuch, so steht es im B-Plan.
Die vom Gelände-Besitzer zu zahlende neue Zufahrt soll (hört man) 30 Mio. Euro kosten und direkt unter der S-Bahn-Ringlinie zur Autobahn nach Steglitz führen. Rechtskraft erlangt der B-Plan 7-29 erst, wenn die Unterführung, also die Brücke unter der S-Bahn, tatsächlich gebaut ist.
Dass dies geschieht, damit rechnet ernsthaft niemand mehr. 31 Bezirksverordnete haben dennoch der sog. Planreife des B-Plans 7-29 zugestimmt und damit einem Müller-Bauantrag vom Dezember 2010, der ein Bürogebäude mit 9 Etagen direkt an der Nordspitze vorsieht. Es ist anzunehmen, dass die BVV-Mehrheit vom 16. März 2011
sich hierdurch in eine rechtliche Schieflage begeben hat (16 CDU, 13 SPD, 1 GDP, 1 FDP).
Planreife gibt es nämlich nur, wenn das Vorhaben dem künftigen Bebauungsplan nicht entgegensteht und die Zuwegung (Erschließung) gesichert ist (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 u. 4 BauGB).
Vorliegend hängt jedoch das eine vom andern ab. Gibt es keine Zufahrt, gibt es kein Kerngebiet, gibt es kein Hochhaus. Dann sind dort „lediglich 5 Vollgeschosse zulässig“. Auf eine Bürgerfrage, welches Zwangsmittel es gebe, dass Müller die Planstraße A auch wirklich baut, antwortete Stadtrat Krömer (CDU):
„Die Absicherung ist über den städtebaulichen Vertrag gewährleistet.“
Dass sie das nicht ist, kann man in § 4 des Vertrages nachlesen. Dort heißt es:
Städtebaulicher Vertrag vom 10. Juli 2009
§ 4 Fristen
„Die Verpflichtungen aus § 3 sind innerhalb der nachfolgend vereinbarten Fristen zu erfüllen: (1) Die Erschließung (§ 3 Abs. 1) muss, soweit die vorhandene Torgauer Straße für die Erschließung neuer Vorhaben im Vertragsgebiet nicht ausreichend ist, vor Aufnahme der Nutzungen im Vertragsgebiet funktionsfähig abgeschlossen sein. Der Vorhabenträger wird vorbehaltlich des Abschlusses der erforderlichen Eisenbahnkreuzungsvereinbarung mit der Herstellung der Erschließungsanlagen spätestens zum 01.01.2012 beginnen. Bei Zugrundelegung einer zweijährigen Bauzeit ist die Fertigstellung bis zum 01.01.2014 vorzusehen. Näheres wird in dem Erschließungsvertrag geregelt.“
„Ich fühle mich nicht als Nachbar der Roten Insel“ hat Müller im Herbst 2010 verkündet, er betrachte sich mehr „in größeren Zusammenhängen“. Man kann nur hoffen, dass das so bleibt.