Seit 2007 wird am Gasometer Schöneberg geplant, Kommunalpolitik und Presse werden bearbeitet , es wird gebaut und es werden auch Dinge angekündigt, aber nicht getan. Eine kurze Chronik der wichtigsten Ereignisse:
- am 15.11.2007 meldet die Zeitung „Die Welt“ einen Verkauf des mehr als 50.000 m² großen Geländes am Schöneberger Gasometer an eine Firma des Projektentwicklers Reinhard Müller. Die neuen Eigentümer „wollen dort ein europäisches Forschungszentrum mit privater Uni errichten.“
- im Februar 2008 gründet sich aus Anwohnern und Interessierten die erste „Bürgerinitiative Gasometer“ und wendet sich gegen die Planungen für ein Kerngebiet; es wird eine Webseite eingerichtet und man trifft sich die nächsten 5 Jahre für Aktionen und Veranstaltungen.
- gleichzeitig beschließt die Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg im Konsensverfahren die Aufstellung eines Bebauungsplans „7-29“ für das Gelände. Am Gasometer soll ein abgeschlossenes Kerngebiet („gated area“) entstehen mit mehr als 160.000 m² Geschossfläche und einem Ausbau des Gasometers bis zum zweitobersten Ring.
- zu einer ersten öffentlichen Veranstaltung der Bürgerinitiative am 11.03.2008 kommen etwa 140 Interessierte
- ab August 2008 soll eine über 600 m² große LED-Leuchtwerbung auf der Südseite des Gasometers aufgehängt und betrieben werden. Dem liegt eine zweifelhafte Absprache der EUREF mit dem Bezirk zugrunde, mit der sich die Eigentümerin verpflichtet, das stark verrostete Führungsgerüst des Gasometers zu sanieren.
- im Mai 2009 geht der Bebauungsplan „7-29“ in die öffentliche Auslegung; zu einem Straßenfest der Bürgerinitiative kommen hunderte Besucher
- am 15.07.2009 beschließt die BVV Tempelhof-Schöneberg die Aufstellung des Bebauungsplans „7-29“; mehrere hundert Einwendungen sind „weggewogen“ worden; der Bebauungsplan kann aber erst in Kraft treten, wenn EUREF die im Plan vorgesehene Erschließungsstraße vom Sachsendamm unter den Bahngleisen an der Torgauer Straße hindurch gebaut hat. Dazu hat sich EUREF gegenüber dem Bezirk vertraglich verpflichtet
- im Oktober 2009 wird bekannt, dass die von EUREF angekündigte „Energie-Universität“ nicht kommt.
- im März 2011 beschließt der Bezirk die „vorzeitige Planreife“ für den eigentlich längst durch die Wirklichkeit eingeholten Bebauungsplan „7-29“ – denn es liegen immer neue Bauanträge der Eigentümerin für neue Bürohochhäuser auf dem Gelände vor.
- Auch die Sanierung des Gasometers kommt nicht, trotz vertraglicher Verpflichtung der EUREF; Pressetermine wie „Lack ab, Rost ab“ bleiben Show – stattdessen wird
- September 2011 im unteren Teil des Gasometers ein provisorisches Fernsehstudio eingerichtet, aus dem heraus Günther Jauch Fernsehsendungen produziert; Heißluftgebläse und Löcher im Wasserbehälter inklusive
- im Frühjahr 2012 wird die LED-Leuchtreklame abgebaut
- Anfang 2016 gibt es erstmalig rot-grünen Ärger: Da zwei aktuelle Bauanträge für einen Neubau am Gasometer nicht mehr durch die „vorläufige Planreife“ des praktisch schon obsoleten „7-29“ abgedeckt ist, geht EUREF direkt zur SPD-Chefetage (Senatsverwaltung) und lässt sich dort das Baurecht geben; dies wird durch den mittlerweile grünen Baustadtrat Jörn Oltmann kritisch kommentiert. Gebaut wird trotzdem.
- Im Juli 2020 wird bekannt, dass es neue Bauabsichten auf dem Gelände gibt – jetzt soll im Gasometer gebaut werden, wohl weil der Rest des Grundstücks mittlerweile so hoch und dicht bebaut ist, dass weitere Bürohochhäuser einfach nicht mehr auf das Grundstück passen würden. Erstaunlich ist, dass dafür der von der Wirklichkeit überholte Bebbaungsplan „7-29“ erneuert werden soll. Der Gasometer soll jetzt bis zum letzten Ring ausgebaut werden. Ebenso erstaunlich, dass der grüne Politiker und Baustadtrat Jörn Oltmann zu einem energischen Befürworter der neuen Baupläne geworden ist.
Was aktuell geplant wird, ist auf der neuen Webseite Gasometer-Retten dargestellt.
01.11.2020, Alexander Ziemann