Wird der Gasometer ausgebaut?
So wie in unserer Fotomontage könnte es aussehen, wenn im Gasometer gebaut wird:
Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat Projektentwickler Reinhard Müller (Euref) angeblich bereits im Frühjahr 2020 einen Bauantrag gestellt, der den vollständigen, jedenfalls möglichst umfassenden Ausbau des Gasometer Schöneberg mit einem Bürogebäude vorsieht. Tatsächlich wurde in der 35. Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung (bei erheblichen Zugangsbeschränkungen und damit praktisch halb öffentlich wegen Corona) unter dem Tagesordnungspunkt 7 ein neuer Bebauungsplanentwurf für das sogenannte Euref-Gelände am Schöneberger Gasometer vorgestellt durch den Bezirksstadtrat und unter den beiden folgenden Punkten eine Präsentation zum Stand der Verkehrsplanung zur Erschließung des Geländes (diese ist weiterhin als sehr problematisch einzustufen); danach erfolgte eine Präsentation zur Bebauung des Euref-Geländes durch den Bauherren. Unterlagen hierzu wie etwa der Bebauungsplanentwurf selbst, das durch die Verwaltung eingeholte Verkehrsgutachten oder die Präsentation der neuen Pläne finden sich auf der Webseite des Bezirksamts nicht. Die Sitzung fand wegen der Zugangsbeschränkungen faktisch unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Erst durch diverse – zum Teil widersprüchliche und wirre – Presseveröffentlichungen erfuhren wir während der Sommerpause seit Anfang Juli 2020, was Bezirksstadtrat Jörn Oltmann (Grüne) und Müllers Mannen am Gasometer Schöneberg vorhaben:
- Euref will den Gasometer ausbauen – möglichst bis zum letzten Ring und dadurch 35.000 m² Bürofläche an dieser Stelle neu bauen – „ich werde es nicht machen, wenn es nicht so kommt, wie ich es möchte“ lässt sich Reinhard Müller im Tagesspiegel vom 17.07.2020 zitieren.
- dabei ist nicht klar, warum diese 35.000 m² unbedingt innerhalb des Gasometers gebaut werden müssen; soweit bekannt, will Euref dafür ein bereits geplantes anderes Gebäude auf dem Grundstück „einsparen“ und setzt auf maximale Sichtbarkeit und maximale Veränderung des Gasometers. Aber dies sind momentan noch nicht bestätigte Informationen – hier wird das Bezirksamt noch einiges zu erläutern haben
- Bezirksstadtrat Jörn Oltmann (Grüne) findet das im Prinzip gut, will aber nur bis zum vorletzten Ring bauen lassen. Dies hält er für einen großartigen Kompromiss und wird vom Tagesspiegel zitiert „Der Kiez wird es Ihnen danken und die Nachbarschaft auch“.
- auf Nachfragen reagiert Oltmann unwirsch – er möchte die Sache offenbar möglichst schnell und geräuschlos über die Bühne bringen.
- die Planstraße, seinerzeit Bedingung für die den inzwischen gescheiterten Bebauungsplan 7-29, ist obsolet, darüber sind sich jedenfalls Bezirk und Euref einig; der Autoverkehr habe nachgelassen, die meisten der Beschäftigten und Besucher auf dem Gelände kämen per Bahn, Bus und zu Fuß
- allerdings beobachten meine Nachbarn und ich auf der Roten Insel schon seit Jahren intensiven Fahrzeugverkehr zur Parkplatzsuche mit Endziel Euref-Gelände. Große Limousinen fahren jeden Morgen zahlreich in die engen Straßen im Kiez ein, suchen nach Parkplätzen und entlassen danach ihre Besitzer zu Fuß Richtung Euref-Gelände. Hier will man offenbar Parkgebühren sparen. Das ist aber wohl nicht der „Fußverkehr“, von dem Bezirksamt und Euref sprechen.
- Es gibt noch Diskussionen über die Gestaltung der Nordspitze – diese hatten Euref/Müller im Zuge eines fragwürdigen Tauschgeschäfts um 3500 m² zu Lasten des Bezirks verkleinert und mit öffentlichen Zuschüssen wegen der Altlasten saniert und hergerichtet. Dafür gab es insgesamt einen 7stelligen Zuschuss von Bezirk und GASAG. Die Vorschüsse wurden seinerzeit wegen der für Euref äußerst vorteilhaften Vertragsgestaltung nicht abgerechnet.1 Dieses Verfahren wurde damals durch den Landesrechnungshof kritisiert. Heute scheitert die von Euref gewünschte „schönere“ Gestaltung der Freiflächen daran, dass seinerzeit statt Mutterboden einfacher Bausand aufgeschüttet wurde. Regenwasser oder künstliche Bewässerung versickern dadurch in kürzester Zeit. Dies hat die hierfür zuständige Stadträtin Christiane Heiß (Grüne) mit ihrem Amt der anfragenden SPD Fraktion bei einer Begehung des Geländes sogar demonstrieren können – Bewässerung zwecklos.
Es regt sich also eine unheilvolle Allianz vor allem aus SPD, Grünen, CDU, AfD und damit eine deutliche Mehrheit der BVV für einen fast vollständigen Ausbau des Gasometers – in der einen oder anderen Form.
Angeheizt von gezielten Indiskretionen und Presseveröffentlichungen soll der 2009 beschlossene Bebauungsplan 7-29 in veränderter Form möglichst schnell auf den Weg gebracht und noch vor den nächsten Abgeordnetenhauswahlen verabschiedet werden. Doch es regt sich Widerstand, sowohl von Seiten der Denkmalpflege, also auch in unserem Kiez – auf der Roten Insel – und auch innerhalb der Grünen – dazu später mehr.