Hausieren wg. Gasometer
Im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg grinsen sie vermutlich schon, wenn Reinhard Müller, der schon betagte Projektentwickler am Schöneberger Gasometer, mal wieder selbst oder durch einen seiner Emissäre wie den um Visionen nie verlegenen Prof. Andreas Knie geldwerte Geschenke vom Bezirk und dem Land Berlin einfordern lässt. Denn Müller hat ein Problem: Er möchte möglichst kein Geld ausgeben für die Planstraße vom Sachsendamm zu seinem Baugebiet, zu deren Bau er sich im Vorfeld seiner gewaltigen Vorhaben auf dem großen Gelände am Gasometer vertraglich verpflichtet hatte. Eine ausreichende „verkehrliche Erschließung“ des Grundstücks ist immerhin die Voraussetzung dafür, dass Müller mit seinen Firmen so richtig massiv bauen kann. So steht es in den Verträgen Müllers mit dem Land Berlin, an die er sich heute nicht mehr gebunden fühlt. Wozu auch, denn eine solche Straße zur ausreichenden Erschließung des Geländes kostet ja Geld.
Zwar hatte Müller mit Erfolg Subventionen vom Land Berlin eingeworben. Die bereits bewilligten Mittel von mehr als 2 Millionen Euro ließ er jedoch verfallen. Denn es war ihm nicht genug. Nachdem die Kosten für die vertraglich vorgesehene Erschließung unter den Bahntrassen hindurch auf rätselhafte Weise immer mehr gestiegen waren (sie sollten zuletzt jedenfalls mehr als 12 Millionen Euro betragen) hatte der stets gern vertragsuntreue Herr Projektentwickler für sich beschlossen, dass Investitionen in die Erschließung seines Baugrundstücks sich für ihn nicht lohnen und darauf verzichtet, für die notwendige Erschließungsstraße auch nur weitere Planungen vorzulegen. Damit ist aus Sicht des Bezirks der niemals in Kraft getretene Bebauungsplan 7-29, auf dessen Grundlage am Gasometer immer noch so viel gebaut wird, obsolet.
Jedoch ist Müller selten um flotte Sprüche verlegen.
So tönt er auf den reichlichen Plastikplanen um das Gelände an der Torgauer Straße schon mal
Freiheit ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
Jedoch will scheinbar weder im Bezirk Tempelhof-Schöneberg noch auf Senatsebene noch irgend jemand hören, was Reinhard Müller ständig fordert. Dessen Wünsche werden klar, oft sehr lautstark und oft geäußert: Der Projektentwickler möchte
- maximales Baurecht auf dem Geländes des ehemaligen Gaswerks, das schon jetzt mehr nach Hühnerstall mit intensiver Massentierhaltung aussieht als nach einer gebietsverträglichen Gewerbeansiedlung.
- eine optimierte Anbindung für den Fahrzeugverkehr. Dazu gehört die Erneuerung der von Baustellenfahrzeugen mittlerweile völlig zerfahrenen Torgauer Straße zwischen Sachsendamm und der Grundstückseinfahrt zum Gelände. Diese schon lange überfällige Erneuerung der Torgauer Straße wird der Bezirk jedoch vernünftigerweise erst dann in Angriff nehmen, wenn die Bauarbeiten am Gasometer vorüber sind. Es gibt keinen Grund für den Bezirk, dem bauwütigen Projektentwickler auch noch die Baustellenzufahrt kostenfrei zu asphaltieren und zuletzt diesen Straßenabschnitt noch einmal komplett neu herzustellen, wenn die Baustellenfahrzeuge abgezogen sind.
- und natürlich möchte Müller die Torgauer Straße am östlichen Ende (zur Cheruskerstraße hin) wieder für den Fahrzeugverkehr geöffnet haben. Da ist nun schon seit mehreren Jahren eine wichtige Fußgänger- und Fahrradverbindung durch den Park ausgebaut, die sehr stark genutzt wird. Von daher ist dieses Ansinnen wenig sinnvoll und politisch chancenlos.
- und weil das auch dem Projektentwickler klar ist, startet er über die SPD des Bezirks immer wieder Vorstöße dahin gehend, dass auf dieser Fußgänger- und Fahrradverbindung das autonome Fahren im Testbetrieb vom Gasometer-Gelände zum Bahnhof Südkreuz erprobt werden soll. Ein in Anbetracht der Widmung der Wege für Fußgänger und Fahrräder, des hohen Fußgängeraufkommens und der vielen technischen Probleme des autonomen Fahrens völlig absurdes Ansinnen ohne technische oder politische Chance.
Der höchst eigennützige Projektenwickler bearbeitet weiterhin in kurzen Abständen selbst oder durch Emissäre abwechselnd die grünen Stadträte des Bezirks, die Senatorin für Wirtschaft Ramona Popp (Grüne), die Senatsverwaltung für Verkehr und die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Und wird dabei intensiv unterstützt vom Bezirksverordneten Jan Rauchfuß (SPD) und dessen Lebensgefährtin, der Fraktionsvorsitzenden der BVV Tempelhof-Schöneberg Marijke Höppner (SPD). Der andere Rauchfuß, Zwillingsbruder Lars, wiederum arbeitet im wirklichen Leben beim Regierenden Bürgermeister, was natürlich das gemeinsame Anliegen in dem Tempelhof-Schöneberger SPD-Klüngel unmittelbar zu einer Chefsache macht. Wir dürfen gespannt sein, was da noch kommt und ob dieses intensive Beziehungsgeflecht nach den nächsten Berliner Wahlen 2021 noch für die kostenfreie Durchsetzung privater Interessen am Schöneberger Gasometer nützlich ist.