Werkstattgespräch Grünverbindung: Probleme mit Grün und Wegen
Auf dem 3. Werkstattgespräch des Bezirksamts am 23.09.2010 zur Grünverbindung zwischen Gleisdreieck und Naturpark Südgelände ging es um den sehr unübersichtlichen Bereich entlang der Dresdner Bahn, nämlich zwischen Yorckbrücken und Monumentenbrücke entlang der Bautzener Straße und weiter hinunter bis zum Bahnhof Südkreuz. Heftige Proteste betroffener Anwohner, ein planloser Beitrag des für die Grünplanung zuständigen Bezirksstadtrats Schworck (SPD) und engagierte Beiträge von Naturschützern und Landschaftsplanern sorgten für echte Werkstattatmosphäre.
Im Gegensatz um 1. Werkstattgespräch im Frühjahr wurde diesmal den Beiträgen des Publikums etwas breiterer Raum eingeräumt. Auch sorgte eine professionelle Moderation der Veranstaltung für mehr Übersicht und eine ausgewogenere Darstellung der Meinungen.
Vom neu ausgebauten Park Gleisdreick soll bekanntlich eine durchgehende Grün- und Wegeverbindung entlang der S-Bahn Trasse bis zum Bahnhof Südkreuz führen, wo sie nach derzeitiger Planung am Nordeingang des Bahnhofs (derzeit noch Privatstraße) verendet.
Ein Schwenk der Verbindung führt entlang der S-Bahn über Julius-Leber-Brücke und Cheruskerpark dann (vielleicht) entlang der Torgauer Straße ebenfalls bis zum Bahnhof Südkreuz.
Notwendige Teilflächen für diese wichtige durchgehende Verbindung, die selbst Bestandteil des Europa-Radwegs, Abschnitt Berlin-Leipzig sein soll, müssen noch durch den Bezirk angekauft werden. Die notwendigerweise behindertengerecht zu gestaltenden Zugänge zum Gelände, die steile und hohe Böschung des S-Bahngrabens und vor allem auch die relativ geringe Gesamtfläche von etwa 30.000 qm machen die Detailplanung außerordentlich schwierig.
Da eine Vielzahl von Wegen und Rampen notwendig wird, steigt die Versiegelung des Geländes sogar an. Durch die Konkurrenz von Verkehrswegen und befestigten Spiel- und Sportflächen mit Grünflächen ist nach dem derzeitigen Stand der Planung zu befürchten, dass große Teile der jetzt im S-Bahngraben vorhandenen Vegetation gerodet und nicht wieder ersetzt werden.
Heftige Proteste gab es bei der Vorstellung der Grünplanung von Anwohnern der Bautzener Straße sowie von Vertretern des Naturschutzes: Die Versiegelung steige, anstatt in der Flächenbilanz für mehr naturnahes Grün zu sorgen. Kritisiert wurde auch, dass die Begrünung der Böschung entlang des S-Bahngrabens den zahlreichen Zugängen und der zugegeben schwierigen Trassenführung für den Fernradweg Berlin-Leipzig geopfert werde.
Unter lautem Applaus forderte ein Redebeitrag, statt Bürgerinformation eine Ideenfindung und Aussprache auch über Fragen der Grünästhetik. Von anderer Seite wurde angemerkt, es sei auch unter so engen räumlichen Verhältnissen möglich, einen englischen Landschaftsgarten zu schaffen statt einer vom Grün weitgehend befreiten Repräsentationsfläche.
So nämlich präsentiert sich die derzeitige Grünplanung im Bezirk, die nach den vorgestellten Schaubildern so „übersichtlich“ ist wie etwa im Nordteil des Cheruskerparks und dadurch mit Grün nicht mehr viel zu tun haben könnte.
Wohl zu Recht verwies Herr Kroll vom Bezirksamt in der folgenden Diskussion darauf, dass neue Sichtachsen über den S-Bahn Graben von Schöneberg nach Kreuzberg am Bautzener Platz die einmalige Möglichkeit bieten, das an dieser Stelle sichtbare Aufeinandertreffen von Teltowrücken und Urstromtal zu erleben. Er sprach sich dafür aus, in der Endfassung der Grünplanung die naturnahe Grünfläche nicht vollständig zu Gunsten schneller Verkehrswege und Rampen für Fußgänger und Fahrradfahrer zur opfern.
Er kritisierte aber auch ein praktisch von aller Vegetation befreites Schaubild der Landschaftsplaner, auf dem eine Rasenfläche von einer Vielzahl sinnlos wirkender Wege durchschnitten wurde. Dies sei so mit dem Bezirksamt nicht abgestimmt und mit Sicherheit zu überarbeiten, meinte Kroll.
Andere Sorgen plagen dagegen den für die Ausführung der Grünplanung zuständigen Stadtrat Schworck (SPD). Er verwies darauf, die Schaffung sicherer und übersichtlicher Grünflächen habe für ihn oberste Priorität. Nur ohne störendes Buschwerk und mit maximalem Durchblick zum Beispiel auch in die hinteren Bereiche einer Spielfläche sei aus seiner Sicht die notwendige Sicherheit in öffentlichen Grünflächen zu gewährleisten. Er verstieg sich im Verlauf seines länglichen Redebeitrags, der keinerlei Bezüge zur konkreten Planung aufzeigte, sogar zu der kühnen Aussage (nicht wortgetreu)
hinter jedem Busch in der Nähe einer Spielfläche kann ein Sittenstrolch lauern.
Für die Details der Grünplanung ist Herr Schworck letztlich zuständig. Er hatte bereits am nördlichen Cheruskerpark durch massive Rodungen (es blieb buchstäblich kein einziger Busch stehen) für weitgehende Abwesenheit von naturnahem Grün und übersichtliche Verhältnisse gesorgt.
Bleibt zu hoffen, dass das Bezirksamt trotz dieser schwierigen Voraussetzungen noch die Kurve kriegt und die Natur nicht vollständig den Fahrrad- und Fußwegen geopfert wird. Wenigstens ein paar Trockenrasenwiesen oder Büsche sollten vor den Übersichtlichkeitsbestrebungen des zuständigen Stadtrates gerettet werden.