Wahlprüfsteine Gasometer
Was will oder wird Ihre Partei rund um den Gasometer in den nächsten 5 Jahren tun?
Zur Wahl der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg am 18.09.2011 haben wir den „großen drei“ Parteien unsere Wahlprüfsteine vorgelegt. Die Antworten kamen von den Fachsprechern der BVV-Fraktionen (Stefan Böltes für die SPD und Jörn Oltmann für die Grünen) und werden hier unverändert wiedergegeben. Die Antworten der Grünen sind zwar länger als unsere Vorgabe (100 Wörter je Frage); wir haben uns jedoch entschlossen nicht zu kürzen. Die CDU war nicht zu einer Stellungnahme bereit oder in der Lage.
Frage 1: Was wird Ihre Partei in der kommenden Wahlperiode unternehmen, um das Industriedenkmal „Gaswerk Schöneberg“ mit dem Gasometer in denkmalgerechtem Zustand zu erhalten?
SPD: Die SPD-Fraktion hat bereits im September 2009 einen Antrag in die BVV eingebracht, der sich mit der Frage der Sanierung des Gasometers und dem Vertrag über die Leuchtwerbung auseinandersetzte. Mit dem Antrag, der in der BVV beschlossen wurde, sollte die Firma Denkmal Plus zur Vertragserfüllung angehalten werden. Die SPD-Fraktion hat sich nach der Beschlussfassung über diesen Antrag insbesondere im Stadtplanungsausschuss immer wieder dafür eingesetzt, dass das BA auf Vertragserfüllung besteht. Die SPD wird auch in Zukunft den Prozess kritisch begleiten und ggf. das Bezirksamt auffordern, tätig zu werden.
Grüne: Wir Grüne nehmen unsere Kontrollfunktion als Bezirksverordnete sehr ernst und haben in der Vergangenheit immer wieder durch Kleine, Mündliche oder Große Anfragen das Bezirksamt u.a. nach der Einhaltung des Denkmalschutzgesetzes am Schöneberger Gasometer hinterfragt. Wir haben Akteneinsicht genommen und das Bezirksamt durch Anträge zum konkreten Handeln aufgefordert. Damit haben wir zu einer Sensibilisierung beigetragen, auch wenn wir uns nicht immer in allen einzelnen Punkten durchsetzen konnten. Wir waren und sind als Fraktion sehr dankbar für Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern und der BI Gasometer. Nur mit diesen zusätzlichen Hinweisen und Informationen kann eine erfolgreiche Kontrolle ausgeübt werden. Das werden wir auch in der neuen Wahlperiode tun.
Frage 2: Was beabsichtigt Ihre Partei zu tun, wenn die vertraglich vereinbarte Sanierung des Gasometers nicht fristgerecht erfolgt?
SPD: Siehe Frage 1!
Grüne: Dem Vorhabenträger ist auf dem Gelände das rechtlich weitest mögliche Baurecht eingeräumt worden. Eine politische Einflussnahme zur Begrenzung des Bauvorhabens und damit erkennbare Wahrung öffentlicher Interessen wurde von SPD und CDU im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens abgelehnt. Das Bezirksamt ist darüber hinaus dem Vorhabenträger auch bei der Genehmigung zur Errichtung der großflächigen Leuchtwerbung sehr großzügig entgegengekommen. Aus diesem Grund sind wir strikt dafür, dass die vertraglichen Verpflichtungen zur Sanierung des Schöneberger Gasometers einzuhalten sind und keine weiteren vertraglichen Zugeständnisse – wie etwa Fristverlängerungen – mehr zu machen sind. Sollten die Fristen nicht eingehalten werden sind die üblichen rechtlichen Instrumente zur Durchsetzung der vertraglichen Rechte des Bezirksamtes zu prüfen (z.B. Ersatzvornahme).
Frage 3: Welche Position vertritt Ihre Partei in Hinblick auf die wirtschaftlich defizitäre Leuchtwerbung am Gasometer. Wie lange soll die Genehmigung hierfür aufrecht erhalten werden?
SPD: Siehe Frage 1!
Grüne: Nachdem bereits mehrere Wochen die Leuchtwerbung ganz ausgefallen war, haben wir mit einem Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung das Bezirksamt aufgefordert, die Genehmigung zu entziehen und den Abbau der Leuchtwerbung zu erreichen. Leider haben wir hierfür keine Mehrheit in der BVV gefunden.
Wir haben – nach den bisher vorgelegten Zahlen – den Eindruck, dass die Leuchtwerbung nicht wirtschaftlich zu betreiben ist und sind auch aus diesem Grund dafür, die Genehmigung zu entziehen.
Frage 4: Wann und wie wird sich Ihre Partei gemäß dem Beschluss der BVV dafür einsetzen, eine Sperrung der Torgauer Straße in Höhe Cheruskerstraße für den motorisierten Fahrzeugverkehr umzusetzen?
SPD: Die SPD-Fraktion hat den Beschluss der BVV zur Sperrung der Torgauer Straße angeregt. Wir gehen davon aus, dass die beschlossenen Verkehrsmaßnahmen zügig umgesetzt werden.
Grüne: Der Vorhabenträger hat durch ein Verkehrsgutachten im November 2010 einen Nachweis erbracht, dass die Erschließung von Neubauvorhaben von bis zu 46.400qm über die Torgauer Straße gesichert sei und keine weiteren Maßnahmen an den betroffenen Knotenpunkten notwendig seien.
Wir teilen diese Einschätzung nicht! Wir sind der Auffassung, dass die Erschließung bei Neubauvorhaben am Gasometer-Standort nicht über die kleine Torgauer Straße erfolgen kann und sollte. Die Situation auf der Kopfsteinpflasterstraße ist bereits heute so, dass Fußgänger, die sich begegnen, auf die Straße ausweichen müssen. Diese Gefahrensituation ist nur bei einem geringen Verkehrsaufkommen tolerierbar. Zusätzlicher Verkehr (im Gutachten wurden 450 KFZ pro Tag im Quell- und Zielverkehr unterstellt) bedeutet dagegen eine unangemessene Verschärfung.
Insoweit sah bereits der BVV-Beschluss vom Mai 2011 nur eine Milderung vor, weil damit der Durchgangsverkehr unterbunden werden sollte. Eine Zunahme des Ziel- und Quellverkehrs und damit eine verschärfte Gefahrenlage sind damit trotzdem gegeben.
Wir werden also in der neuen Wahlperiode nicht nur durch Anfragen das Bezirksamt dazu drängen den Beschluss umzusetzen, sondern werden die gesamte verkehrliche Erschließung – und damit die vertragliche Verpflichtung des Investors zum Bau einer Entlastungsstraße – erneut auf die Tagesordnung in den Ausschüssen und in der BVV setzen lassen.
Frage 5: Welche Meinung vertritt Ihre Partei in Bezug auf die fortdauernden
temporären Nutzungen des Gasometers als Veranstaltungsort ohne
angemessene bauliche Vorkehrungen in Hinblick auf Schallschutz,
Klimatisierung, Heizung und sanitärer Infrastruktur?
SPD: Die SPD steht einer temporären Nutzung des Gasometers als Veranstaltungsort grundsätzlich offen gegenüber. Allerdings werden wir im Einzelfall begründete Beschwerden sehr genau prüfen und vor allem bei erheblichen störenden Emissionen das Bezirksamt auffordern, für Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen zu sorgen. Rechtsverstöße werden wir nicht hinnehmen.
Grüne: Der Vorhabenträger wirbt damit ein CO2-neutrales Areal schaffen zu wollen. Die Veranstaltungen in der Kuppel des Gasometers erleben wir hier als Widerspruch zu den eigenen Zielen. Denn selbst eine Biogasanlage sorgt nicht von sich aus für eine CO2-Neutralität. So kann zwar die Produktion der Energie CO2-neutral erfolgen, d.h. aber nicht, dass die Verwendung der Energie außer Acht gelassen werden darf. Klimaschutz muss bedeuten, dass die vorhandene Wärmeenergie so effizient und bedarfsgerecht wie möglich verwendet wird. Der Kuppelbau ist wenig dazu angetan eine solche sparsame Verwendung zu gewährleisten.
Wir sind der Meinung, dass der Vorhabenträger für eine ausreichende haustechnische Infrastruktur und einen ausreichenden Schallschutz sorgen muss. Die Mittel und Möglichkeiten auf der BVV-Ebene sind hierzu sehr begrenzt. Insoweit suchen wir auch hier die Zusammenarbeit zwischen Partei und Initiative(n).
Frage 6: Welche Positionen vertritt Ihre Partei in Hinblick auf eine aktive
Bürgerbeteiligung bei städtebaulichen Planungen und Grünflächenplanungen im Bezirk? Mit welchen Konzepten will sie an das Thema herangehen?
SPD: Bereits jetzt ist die Bürgerbeteiligung bei städtebaulichen Vorhaben gesetzlich klar geregelt. Im B-Plan-Verfahren ist ausdrücklich eine Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern vorgesehen, deren Einwände geprüft und abgewogen werden müssen. Diesen Verfahrensschritt halten wir für unabdingbar. Darüber hinaus hat die SPD schon in der Vergangenheit stets das Gespräch mit den Betroffenen gesucht und bei der Ausarbeitung tragfähiger Kompromisse mitgewirkt. Auch in der kommenden Wahlperiode werden wir uns für eine möglichst breite Beteiligung vor allem betroffener Anwohnerinnen und Anwohner stark machen und neue Instrumente der Beteiligung – wie Runde Tische oder Perspektivenwerkstätten – einrichten, wo dies sinnvoll erscheint.
Grüne: Für uns ist die aktive Bürgerbeteiligung ein umfassendes Angebot an die Bevölkerung sich einzumischen und ihre Ideen und Forderungen direkt einzubringen. Hierzu stellen wir uns unterschiedliche Formen vor, die an den unterschiedlichsten Stellen und Bereichen zum Einsatz kommen.
In unserem Wahlprogramm haben wir dazu umfangreiche Ausführungen gemacht. Was hier allgemein formuliert ist, wird sich konkret bei dem Vorhaben am Güterbahnhof Wilmersdorf (am Innsbrucker Platz) und bei der alten Mälzerei in Lichtenrade in Form einer Perspektivenwerkstatt vollziehen. Wir wollen, dass der Bezirk die Lehren aus dem Beteiligungsdesaster am Gasometer zieht und eine Entwicklung an den beiden genannten Standorten nur mit einer Perspektivenwerkstatt vor (!) einem Aufstellungsbeschluss zu einem Bebauungsplanverfahren anstößt.
Wir wollen, dass notwendige Umbaumaßnahmen oder Neustrukturierungen – beispielsweise in Parkanlagen – in der Planungsphase mit den Bürgerinnen und Bürgern erörtert werden. Dabei sollen die Ideen und Forderungen in die Planung einfließen und zur Umsetzung gelangen und nicht – wie im Heinrich-Lassen-Park geschehen – erst im Nachgang zu langwierigen und teuren Nachbesserungen führen.
Für uns gilt der Grundsatz: Je früher und je transparenter die aktive Beteiligung der Bevölkerung geschieht, desto größer ist die Akzeptanz. Wer dies erreicht, erreicht auch eine zügige Umsetzung der Projekte. Und wer die Akzeptanz nicht herstellen kann, ist vielleicht gut beraten auf ein umstrittenes Projekt ganz zu verzichten. Dies gilt für Bauvorhaben von Investoren genauso wie für Baumaßnahmen, die das Bezirksamt selbst durchführt.
unter abgeordnetenwatch.de findet sich bei den direktkandidaten für das abgeordnetenhaus des wahlkreises 2 in tempelhof-schöneberg folgende frage:
Wie wollen Sie die Bürger Ihres Wahlkreises im Abgeordnetenhaus vertreten?
Welche Möglichkeiten sehen Sie im Abgeordnetenhaus wichtige Themen der Bezirkspolitik zu beeinflussen, wie zum Beispiel das zweitgrößte Bauvorhaben in Berlin am denkmalgeschützten Gaswerk Schöneberg?
http://www.abgeordnetenwatch.de/kandidierende-357-0.html