Die Kostenspirale
Seit dem 12. Juni liegt der Senatsverwaltung für Wirtschaft ein Antrag des Bezirks vor, der die Subventionierung der Planstraße für „Euref“ aus Fördermitteln von Land und Bund (GRW) beinhaltet. Das war zu erwarten und ist insoweit nicht überraschend, wir haben darüber berichtet. Was aber neu ist, ist die erstaunliche Summe für die Planstraße, die der Bezirk, der ja Bauherr werden soll, veranschlagt hat: 14.168.140 Euro!1 Liegt jetzt womöglich erstmals ein seriöser Kostenanschlag vor?
Die eklatante Kostensteigerung von 9 Millionen im Februar 2012 zu 14 Millionen im Juni 2012 sollte alle Bezirkspolitiker eigentlich vor Wut schäumen lassen. Schließlich tragen auch sie dafür Verantwortung, dass Fördermittel von Bund und Land sinnvoll eingesetzt werden. Statt dessen sehen sie ihre Rolle offenbar immer noch wie schon in der abgelaufenen Wahlperiode darin, als willfährige Steigbügelhalter für Müllers Interessen zu agieren – zu Lasten der öffentlichen Hand.
Zuletzt hatte der Verkehrsplaner von Projektentwickler Müller dem Ausschuss für Tiefbau am 27.2.12 erklärt, die Straße koste rund 9 Millionen (Variante 9) und Müller sei bereit, 4 Millionen zu bezahlen. Bei einer Förderung von 60 % sollte also die öffentliche Hand eine Summe von ca. 5,4 Millionen aufbringen. In diesem Szenario hätte sich der Müller-Beitrag auf 3,6 Millionen verringert. Das scheint inzwischen Makulatur zu sein, den Ausschüssen wurde aber nicht berichtet.
Es stellt sich eine Reihe von Frage, die dringend beantwortet werden sollten:
- Bei der im städtebaulichen Vertrag festgehaltenen Straßen-Variante 2 b hätten sich die Kosten ursprünglich laut Verkehrsplaner auf 5 Millionen belaufen (bevor zusätzliche Kosten für Behelfsbrücke der Bahn auftauchten). Warum stellt Herr Müller den Bezirk unwidersprochen vor die Tatsache, dass er nur 4 Millionen bezahle und nicht mindestens 5 Millionen?2
- Im Tiefbauausschuss errechnete der Verkehrsplaner, die Mehrkosten für Behelfsbauwerke für den Bahnverkehr beliefen sich auf 4-5 Millionen. Inzwischen ist aber eine Kostensteigerung von 9 Millionen zu konstatieren. Woraus ergibt sich die zusätzliche Kostensteigerung von über 60 Prozent in den letzten Monaten?
- Die Regelförderung liegt bei 60 Prozent. Eine Milchmädchenrechnung verrät bereits, dass Herr Müller mit seinen 4 Millionen nicht ausreichend kalkuliert hat. Es sei denn, er spekuliert nicht nur auf GRW-Mittel für die Erschließung seines Privatgeländes, sondern auch auf einen erhöhten Fördersatz von über 70 Prozent (also statt 8,5 Millionen eben mal 10 Millionen). Hat ihn der Bezirk dabei unterstützt?3
- Mit welcher Begründung und in mit welchem Fördervolumen hat der Bezirk die Straßensubvention beantragt, die von der Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz zu entscheiden ist?
„Erpressung“ und „Wortbruch“ sind die Vorwürfe, die der Tagesspiegel in einem Beitrag vom 24.6.12 zur Saga der Planstraße zitiert. Ralf Kühne (Grüne) von der BVV sprach gegenüber der Zeitung offen von der Erpressung des Bezirks und klagt über die geheime Vertragsabschließung durch Bernd Krömer vor dessen Abtritt. Weiter vor wagt sich Lars Oberg (SPD) aus dem Abgeordnetenhaus, der Projektentwickler Müller „Wortbruch“ attestiert. „Die GRW-Mittel sollten für wichtigere Projekte ausgegeben werden“, zitiert ihn der Tagesspiegel.
Die entscheidende Frage, ob schlagzeilentauglichen Worten auch Taten folgen, können diese Politiker dann ja mal unter Beweis stellen, wenn sie sich aktiv an der Aufklärung dieser „Erpressung“ beteiligen. Claudia Hämmerling (Grüne) hat derweil schon längst gehandelt und eine Kleine Anfrage an den Senat gerichtet und in einer Erklärung Stellung bezogen. Indessen der eigentlich Verantwortliche, der heutige Staatssekretär Bernd Krömer, der Presse für einen Kommentar nicht zur Verfügung stand.
Das hat eine Bürgerfrage in der BVV am 20.6.12 öffentlich gemacht. ↩
Knappe 4 Millionen waren bei den allerersten Straßenplanungen (Variante 4) angesetzt gewesen, die aber schon frühzeitig zugunsten der Variante 2b aufgegeben wurden. ↩
Dem Tagesspiegel hat Müller im Übrigen angegeben, die Straße koste 12 Millionen. ↩
Mich wundert der zahme Bericht – keine Rede mehr davon, dass Betrüger Müller die Autobahnanbindung mal vollständig selbst tragen wollte/sollte. Nun geht es also nur noch um den Betrag? Warum knickt die BI dermaßen ein?
Liebe Ira Kormannshaus,
korrekte Kritik, es wurde nicht noch einmal darauf hingewiesen, allerdings wurde das schon mehrfach hier dargestellt. In diesem Beitrag sollte es darum gehen, wie die Bezirkspolitik sich weiterhin an der Nase herumführen lässt und keine Lehren aus dem Fiasko der letzten Wahlperiode zieht. Und wir werden leider noch häufig Anlass haben, über die Straße zu berichten.
Erst durch unsere Fragen wurde überhaupt öffentlich, dass eine neue vertragliche Grundlage zur Straße geschaffen wurde und wie hoch die Kosten der Straße derzeit sind.
In den Fraktionen von SPD und Grünen (bei der CDU sowieso) ist man trotzdem ganz offensichtlich der Meinung, man brauche sich damit im Bezirk nicht mehr zu befassen. Wir haben gerade in einem Brief die Grünen aufgefordert, sich dem Thema zu stellen und aktiv zu werden, statt nur über „Erpressung“ zu lamentieren.
Denn damit geht die Rechnung von Müller und Krömer voll auf, womit sich die BI bestimmt nicht abgefunden hat. Wir bleiben dran!