Kein Wohnen im Gasometer
Schöner Wohnen im Gasometer titelte die Berliner Morgenpost am 18.03.2015 und beweist damit, dass Projektentwickler Reinhard Müller, der Macher am Schöneberger Gasometer, immer wieder für realitätsferne Ankündigungen gut ist. Von der Zukunftsvision zweier Architekturstudenten aus Braunschweig ist da die Rede, wonach 600 Menschen in knapp 300 Wohnungen in der stählernen Rotunde wohnen sollen. Und Müllers Chefarchitekt Johannes Tücks sei zu dem Ergebnis gekommen,
dass die Rotunde durchaus als Wohnort geeignet ist-allerdings nicht in den von den Studenten avisierten Dimensionen.
„Trotzdem bliebe so Platz für 100-120 Wohnungen“,
wird Reinhard Müller von der Morgenpost zitiert.
Mit der planungsrechtlichen Realität am Schöneberger Gasometer hat all das wenig zu tun. Vielmehr sieht es so aus, als habe Reinhard Mueller einmal mehr auf die falsche Nutzung gesetzt und versuche nun, dies mit waghalsigen Aktionen und vollmundigen Ankündigungen zu ändern.
Seit 2007 verfolgt Mueller am Schöneberger Gasometer die Entwicklung eines Kerngebietes vor allem auch, um die extrem hohe Auslastung des Grundstücks mit Bürohochhäusern für diverse Gewerbeeinheiten zu ermöglichen. Obwohl derartige Planungen wegen der abgeschnittenen Insellage des Gasometer Geländes äußerst fragwürdig sind und deshalb durch die Bürgerinitiative Gasometer und Anwohner immer wieder kritisiert wurden, bewilligte der Bezirk Tempelhof Schöneberg die vorzeitige Planreife für ein Kerngebiet und legte sich damit auf Wunsch Müllers gegen eine Wohnraumnutzung und für eine erheblich höhere bauliche Auslastung des Grundstücks mit etwa der doppelten Geschossflächenzahl der umliegenden Wohnbebauung fest. Denn Wohnungen und Wohnraum sind in einem Kerngebiet nur in ganz geringem Umfang, beispielsweise als Hausmeisterwohnungen zulässig.
Problem damals wie heute war die unzureichende Erschließung des Geländes. Voraussetzung für die endgültige Festsetzung eines Kerngebietes ist nach dem noch nicht in Kraft gesetzten Bebauungsplan 7-29, das auf Kosten der Eigentümerin des Gasometer Geländes eine Erschließungsstraße vom Sachsendamm unter den Bahngleisen hindurch direkt auf das EUREF-Gelände gebaut und dem Bezirk schlüsselfertig übergeben wird. Obwohl für die eine derartige Erschließungsstraße erhebliche Fördermittel bereit standen, hat Müller bis heute nicht mit den Bauarbeiten begonnen. Ohne die Erschließungsstraße ist aber wegen der nur vorzeitigen Planreife derzeit Schluss mit dem Bauen auf dem EUREF-Gelände. Denn bereits die jetzt vorhandenen und noch im Bau befindlichen Bürogebäude, welche den Gasometer vor allem von Norden her weitergehend verdecken, schöpfen das wegen der unzureichenden Erschließung mit der vorzeitigen Planreife nur teilweise bewilligte Baurecht aus – mehr geht eben nicht und Wohnraum geht schon gar nicht.
Was im Artikel der Berliner Morgenpost nicht zu lesen ist, sind die verzweifelten Bemühungen Reinhard Müllers, am derzeit bestehenden Planungsrecht vorbei und wider alle baurechtliche Vernunft den Bezirk dazu zu bringen, ohne die planungsrechtlich für die Erschließung notwendige Straße vom Sachsendamm eine nochmals höhere Grundstücksauslastung, also Baurechte für weitere Hochhäuser, zu bekommen. Aus dem Rathaus Schöneberg ist zu hören, dass Reinhard Müller über seine anwaltliche Vertretung mit derartigen Wünschen schon seit etwa einem Jahr immer wieder bei der zuständigen Bezirksstadträtin Sibylle Klotz (Grüne) deswegen vorspricht. Da die Bezirksstadträtin nicht bereit ist, rechtswidrige und planungsrechtlich unzulässige Wünsche Müllers zu erfüllen, soll es im Rathaus Schöneberg schon so weit gekommen sein, dass die Emissäre Müllers anfingen, herum zu brüllen. Das nutzt aber offensichtlich nichts. Mit seinen leeren Versprechungen aus der Vergangenheit hat Müller kein gutes Klima dafür geschaffen, ohne Rechtsgrundlage weiteres Baurecht zu erhalten. Müller gilt wohl nicht nur in meinen Augen als wortbrüchig und wenig vertragstreu. Weder hat er die vorgesehene Erschließungsstraße gebaut und hierfür die bereits bewilligten Fördermittel in Anspruch genommen. Noch hat er die vertragliche vereinbarte Instandsetzung des Gasometer begonnen, obwohl dies nach seinen ersten Ankündigungen „voraussichtlich noch in diesem Jahr“, nämlich 2007 geschehen sollte.
Und bezüglich der Wohnraumnutzung hat Müller offensichtlich auf das falsche Pferd gesetzt. Die Anwohner und die Bürgerinitiative Gasometer forderten vom ersten Tag der Planungen an, das Gelände am Gasometer mit einer angemessenen und der Umgebung entsprechenden Menge von Wohnungen gebietsverträglich zu einem neuen Wohngebiet mit Kulturangeboten zu entwickeln, was einer Nutzung des Wasserbehälters im Gasometer als Veranstaltungsort oder als Fernsehstudio wie derzeit praktiziert nicht entgegengestanden hätte. Das wollte die Eigentümerin aber nicht, sondern wollte vom ersten Tag an die maximale Auslastung des Grundstückes mit Bürohochhäusern und dafür ein Kerngebiet. Weshalb die ganze Geschichte sich jetzt in einer Sackgasse befindet. Da werden sich die Träume der beiden Braunschweiger Architekturstudenten wohl schwerlich verwirklichen lassen.