Bezirksbürgermeister kauft Maulkorb für 630 EUR monatlich
Wie der Pressedienst PaperPress unter Bezugnahme auf einen Artikel in der Berliner Morgenpost vom 15.07.08 meldet und kommentiert, hat sich der Tempelhof-Schöneberger Bezirksbürgermeister Ekkehard Band mit seinem Mäzenatenvertrag vom April 2008 einen preiswerten Maulkorb eingekauft.
Im Gegenzug für eine Förderung des Jugendprojekts „Gangway“ – ein Mietkostenzuschuss von 630 EUR monatlich – vereinbarte Herr Band zunächst mit der EUREF AG, dass
beide Vertragsparteien während der Laufzeit der Vereinbarung alles unterlassen, was das Ansehen, die Unternehmensziele oder den Auftritt des anderen in der Öffentlichkeit beeinträchtigen könnte,
Auf ausdrücklichen Wunsch von Projektentwickler Reinhard Müller -so Band gegenüber der Presse- wurde der wesentliche Inhalt dieses Vertrages auch der Bezirksverordnetenversammlung zur Kenntnis gegeben. Später, nämlich Anfang Mai 2008 wurde dann der Vertrag selbst bekannt gemacht. Er hatte sich gegenüber der voran gegangenen Mitteilung zur Kenntnisnahme verändert.
Vertragspartner des Bezirksamts war jetzt nicht mehr die für das 500 Millionen Euro schwere Bauprojekt auf dem Gasag-Gelände zuständige EUREF AG, sondern -wesentlich harmloser klingend- die Firma Remtec, mit der Müller die technische Abwicklung und architektenmäßige Betreuung seiner diversen Vorhaben steuert.
Das Unrechtsbewusstsein Bands ist -seiner eigenen Stellungnahme gegenüber der Presse nach zu urteilen- eher gering. Und das verwundert. Denn Band ist als Bezirksbürgermeister und damit Chef der Personalverwaltung zugleich oberster Antikorruptionsbeauftragter des Bezirks.
Zur Erinnerung: Typische Merkmale von korrumpierter öffentlicher Verwaltung sind nach nicht nur meinem Eindruck unter anderem
- außerdienstliche Kontakte zu Außenstehenden (zum Beispiel Projektentwicklern), die
- kleine Gefälligkeiten verteilen, die
- mit kleinen oder (später auch oft großen-) Gegenleistungen verbunden sind, was
- ein gewisses Schuldbewusstsein beim Annehmenden auslösen kann, was
- zu objektiv seltsamem Verhalten führt (wie zum Beispiel dazu, einen Vertrag nachträglich abzuändern, nur weil der Name des Vertragspartners zufällig identisch ist mit dem Vermarkter eines 500 Millionen EUR schweren Immobilienprojekts im Bezirk)
Oder ist alles dies normales Agieren bezirklicher Volksvertreter im Jahr 2008? Was meint Ihr?
Trauriger Berufstand.
Der international anerkannte Architekt und Stadtplaner Albert Speer (www.as-p.de)äußert sich am So, den 27.07.08 in der Morgenpost zu dem EUREF-Projekt und stellt sich als Fürsprecher dar. Begriffe wie Exportschlager“, „Autobahn“, „Superstandort“ und „Deutschlands Kompetenz“ reihen sich in die Marketingstrategie von Müller & Co ein. „Er habe vor drei Wochen von EUREF gehört und auch Klaus Töpfer unterstütze das Projekt“. Mit Entäuschung und Entsetzen nehme ich solche oberflächliche Stellungnahme zur Kenntnis und frage mich, welche berühmten Fachleute bereit sind, sich kritisch und verantwortlich mit dem Konzept von Remtec öffentlich auseinander zu setzen. Eine kritische Überarbeitung des vorliegenden Entwurfes würde sicherlich auch wegen erfolgreicher Umweltverträglichkeit und Wohnumfeldverträglichkeit als Exportschlager internationalen Anerkennung erhalten.
ute (wohnt auch zwischen Superstandort und Autobahnauffahrt)
Aus diesem Vorgang wurde noch eine Petitesse. Mit der hier verlinkten Anfrage vom Juli 2008 fragte der Bezirksverordnete Brüning (Grüne) nach und bekam eine diplomatisch formulierte Antwort.
Noch einmal wird der Bezirksbürgermeister so einen Vertrag sicherlich nicht in gutem Glauben abschließen.