WZB diskutiert mit BI Energie-Universität am Gasometer

Am 14.01.2009 diskutierten Vertreter der BI-Gasometer mit Wissenschaftlern des Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) über die Probleme und Möglichkeiten der so genannten Energie-Universität auf dem Gasometergelände. Statt Schmähkritik der Anwohner vorzutragen, diskutierten wir die Chancen und Probleme einer solchen Planung in fachlicher Sicht.

Das WZB hat im Oktober 2008 von der Projektentwicklerin des Gasometergeländes Konzeptplus den Auftrag erhalten, ein Konzept für das zukünftige EUREF-Institut zu entwerfen. Dieses soll unabhängig und privat

die Vernetzung unterschiedlicher Disziplinen und Anwendbarkeit von Innovationen für Politik und Wirtschaft“ (EUREF-Selbstdarstellung)

fördern. Teil des Auftrags ist auch die inhaltliche und wirtschaftliche Konzeption der privaten Universität. Bekanntlich war ein ähnlicher Auftrag zuvor an die Fachleute der Bucerius-Stiftung vergeben worden, der nach einem öffentlich ausgetragenen Streit über den Standort des Konzepts nicht weiter verfolgt wurde.

Die Wissenschaftler des WZB haben aus der Presse entnommen, dass es rund um das Projekt Zweifel und auch Spannungen gibt und führen nun Gespräche mit allen Beteiligten und Betroffenen, um die Einwände zu hören und mögliche Konflikte zu prüfen.Aus diesem Anlass wurde auch die BI gefragt, ob wir unsere Vorbehalte gegen das Uni-Projekt erläutern können.

Dazu waren wir gerne bereit und besuchten zu dritt das WZB, das im ehemaligen Reichtsversicherungsamt am Reichpietschufer ansässig ist. Dieser Funktionsbau des 19. Jahrhunderts wurde nach 9 Jahren Planung (!) vom Architekten James Sterling mit einem Anbau im Rahmen der IBA 1988 erweitert wurde. Für unser Gespräch ein interessantes Haus, das zeigt, wie alte Gebäude umgenutzt und mit Neubauten ergänzt werden können, ohne den Denkmalschutz zu verbiegen.

Das WZB forscht vor allem sozialwissenschaftlich. Die Herangehensweise an die Aufgabe richtet sich nach den Zielen der EUREF. Dazu gehören auch der Dialog mit allen Beteiligten, die interdisziplinäre Kooperation und die Organisation von Pilotvorhaben,

denn Deutschland führe zwar weltweit verbal im Umweltschutz, melde aber Fehlanzeige, wenn es an die praktische Demonstration der Ideen im eigenen Land gehe“ (Stadtplaner Albert Speer nach EUREF Jahresbilanz 2008).

Wir waren uns schnell einig, dass genau an diesem Punkt die Glaubwürdigkeit der ganzen Planung zu messen ist. Der Projektentwickler Müller muss aus unserer Sicht im Konzept und in jedem Teil der Planung nachweisen, ob er all die großen Begriffe, mit denen er den Politikern Symbolträchtiges versprochen hat, ernst nimmt und ob er sie auch realisieren will und kann. Denn beim Umwelt- und Klimaschutz (siehe oben) wird häufig sehr viel versprochen und ist danach die Praxis Fehlanzeige.

Wir betonten nochmals den Standpunkt der BI, dass allein die geplante Erschließung für 2000 PKW bei dem bestehenden ÖPNV-Angebot ringsherum in krassem Widerspruch zu dem verkündeten Profil einer „neuen Energieforschung“ des Projektentwicklers steht. Alle waren sich einig, dass das im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens erstellte Verkehrsgutachten dringend veröffentlicht werden muss. Ebenso unrealistisch ist aus unserer Sicht die vom Projektentwickler beworbene CO²-neutrale oder auch nur optimierte Hochhausbebauung.

Das WZB sieht den vordringlichen Forschungsbedarf für ein weiteres Energieinstitut in der bestehenden Wissenschaftslandschaft vor allem in Fragen des Umsteuerns, der Veränderung bestehender Infrastruktur und Verhaltensroutinen und des interdisziplinären Lernens. In der Wissenschaftlersprache nennt sich das „Gestaltung des Transformationsprozesses zu einer nachfossilen Energieversorgung“ .Wir als BI würden sagen, es geht nicht um harte Technik, sondern um „weiche“ Faktoren, wie eben Zusammenarbeit, Verhaltensänderungen und eine „nachhaltige Entwicklung“.

Wir haben unsere Vorbehalte gegen die Rahmenbedingungen des Projekts wie

  • 16000 m² Bürofläche

  • 2000 PKW-Stellplätze

  • Kerngebietsausweisung

  • Hochhausbebauung

  • unklarer Bedarf für riesige Büroflächen und

  • unpezifische Nutzungskonzepte des Projektentwicklers

mit dem WZB ausführlich diskutiert und sind gespannt, wie es weitergeht und ob die Öffentlichkeit das Konzept jemals zu sehen bekommt. Das wäre für uns ein Prüfstein für die Glaubwürdigkeit.