Das Märchen vom Denkmalschutz – oder: Die Tür, die nicht passte
Es war einmal ein selbsternannter Denkmalschützer, der immer großen Wind um seine Aktivitäten in diesem Bereich machte. Dazu gehörte die berühmte Verhüllung des Brandenburger Tors mit Telekom-Reklame ebenso wie die legendäre Werbenutzung des Charlottenburger Tores. Nun wollte sich der König der Denkmalschützer einmal an einem Industriedenkmal versuchen und kaufte den Schöneberger Gasometer. Da sollte Großes entstehen – ein Energie-Forum, eine Energie-Universität, ein ganz besonderes und sehr hohes Hotel und viele viele Quadratmeter Büroraum.
Weil das alles nicht so lief, baute der kleine König der Denkmalschützer einen gebraucht gekauften Behelfsbau im Schöneberger Gasometer auf, den nannte er „WM-Kuppel“. Das war schön im Sommer und kalt im Winter, weil die Fußbodenheizung unter dem Folienzelt nicht funktionierte. Also schnitt der Denkmalkönig Löcher in die Stahlwände des Gasometers für Lüftungsrohre, die sahen von innen so aus:
Das Bezirksamt erfuhr davon erst recht spät, als die Löcher schon geschnitten waren. Und weil das Bezirksamt dem kleinen Denkmalkönig nicht gram sein wollte, genehmigte es diese Löcher nachträglich.
Und da man einen Sündenbock für das Bußgeld wegen nicht genehmigtem Herumschneiden am Denkmal suchte, wurde das allfällige Bußgeldverfahren gegen jemand anderen eingeleitet. Öffentlich hatte der Denkmalkönig ja schließlich verkündet, das geschnittene Loch sei vom bösen Betreiber seines Behelfsbaus gewesen und nicht von ihm selbst. Wie unaufmerksam der kleine Denkmalkönig doch sein kann, wenn es darauf ankommt.
Was der kleine Denkmalkönig aber schön für sich behielt war: Auch an der Südseite des Gasometers hatte er mit seinen Leuten etwas herumgeschnippselt. Weil er das alte Loch an dieser Stelle mit einer schönen großen roten Tür verschließen wollte, bestellte er sich eine solche. Und als die Tür geliefert wurde – oh Gott! – da passte sie nicht.
Aber das macht nichts, sagte sich der kleine Denkmalkönig. Dann nehmen wir eben die große Blechschere und schneiden ein größeres Loch in den grünen Stahlmantel des Gasometers. Grün ist eh nicht meine Lieblingsfarbe und was nicht passt, wird passend gemacht.
So vergrößerte der kleine Denkmalkönig die vorhandene Öffnung und baute seine feuerrote Tür ein, damit keiner mehr unbefugt hinein kommt in seinen Gasometer.
[shashin type=“photo“ id=“736″ size=“medium“ columns=“max“ order=“user“ caption=“y“ position=“center“ crop=“y“]Passt! Davon weiß das Bezirksamt vermutlich bis heute nichts. Auch nachträglich hat sich der Denkmalkönig dieses Loch bisher nicht absegnen lassen. Warum sollte er das auch tun, denkt er sich, ich bin ja schließlich der König.
Deshalb hat er auch weiter gesägt, um noch mehr rote Türen einbauen zu können. Das war so auffällig, dass selbst das Bezirksamt sah, dass da was anders war als vorher.
Und da erklärte der kleine Denkmalkönig, er habe nicht nur einen Durchgang zum schönen neuen Toilettencontainer gebraucht, sondern auch noch eine Fluchtwegöffnung. Da habe er einfach ein neues Loch schneiden müssen. Warum sollte er schließlich die ganze Wahrheit sagen, wenn das Bezirksamt nicht von alleine drauf kommt. Psst! Er hat nicht nur eine neuen Öffnung geschnitten, sondern auch eine alte erheblich erweitert:
Jetzt gehen die bösen Buben her und sagen: „Aber, aber, da haben wir ja einen Schwarzbau! Das ist ja gar nicht genehmigt!“
Da weiß der kleine Denkmalkönig aber einen Rat. Er hat einen guten Freund im Bezirksamt, von dem er weiß, dass den der Gasometer nicht wirklich interessiert. Es wird also nicht schwer sein, Herrn K. davon zu überzeugen, dass ein Schwarzbau an einem geschützten Industriedenkmal nicht so schlimm ist. Schließlich hat der ihm ja schon vieles nachträglich genehmigt oder gebilligt: Rote Türen, hässliche Container, Bretterverschläge für Heizungsanlagen,
große dicke Heizungsrohre und eine nördliche Fluchtöffnung.
Auf der Verwendung grüner Farbe besteht Herr K. bestimmt nicht, denn die mag der kleine Denkmalkönig nicht. Sonst würde er auch den armen alten rostigen Gasometer mal neu streichen. Wie er das seit 2007 dem Herrn K. versprochen hat. Aber das ist eine andere Geschichte.
Und die Moral von der Geschicht? Trau Denkmalkönigen nicht![shashin type=“photo“ id=“188″ size=“small“ columns=“max“ order=“user“ position=“center“]
Verblüffende Parallelen zu einem Bericht den ich kürzlich gelesen habe :
Hat sich denn niemand über denkmalverträgliche, über technische bzw. lokale Alternativlösungen Gedanken gemacht ?!