Das Märchen vom Denkmalschutz – oder: Die Tür, die nicht passte

azche24

IcIch lebe seit Anfang der 80er im Kiez und habe früher den Gasometer noch "pumpen" gesehen. Heute wohne ich direkt am Schöneberger Gasometer und möchte schon deswegen nur eins erreichen: Dass dieses einmalige Industriedenkmal aus der Kaiserzeit und weithin sichtbare Wahrzeichen von Schöneberg ohne Leuchtreklame und Ausbau zu einem schnöden Bürohaus erhalten bleibt und vor allem auch nicht abgerissen wird.

6 Antworten

  1. w... sagt:

    Verblüffende Parallelen zu einem Bericht den ich kürzlich gelesen habe :

    Komfort statt Denkmalschutz
    Die Geschichte der gewerblichen Zwischennutzung des denkmalgeschützten Gasometers beginnt mit der Idee im Inneren des unteren Eisenrings eine Veranstaltungsstätte zu errichten. Schwerpunkt sollten vermutlich werbewirksame Events für den angedachten Standort des Europäischen Energieforums sein. Zu diesem Zweck wurde die ursprünglich für sommerliche Aussentemperaturen konzipierte, sogenannte „Bundestagsarena“ im Juni 2009  erworben.
    Ihrer Bestimmung nach war ihr Standort der Platz neben dem Reichstag während der Fußball-WM im Sommer 2006.
    Eine Art kuppelförmige Zeltkonstruktion aus Kunststoff-Folie, getragen von einer etwa 22m hohen und 30m durchmessenden Stahlkonstruktion.
    Bereits Anfang August 2009 feierte der Eigentümer unter Anwesenheit des Bezirksbaustadtrates das Richtfest, ohne dass der für eine Genehmigung notwendige Prüfbericht zur Standsicherheit vorlag. Erst am 24. September konnte der Kuppelbau endgültig genehmigt werden.
    Denkmalschutzrechtliche Argumente für eine Genehmigung waren die gemäß Bauantrag  temporäre, reversible Aufstellung ohne Verbindung zum Baudenkmal, also „Schonung“ der Denkmalsubstanz.
    Bauliche Veränderungen am Denkmal waren aus Gründen der Vorschriften der Versammlungsstättenverordnung für den Veranstaltungsbetrieb nicht zwingend notwendig.

    Nach Angaben des Bezirksamtes fanden im Vorfeld zwar Beratungen über die Möglichkeiten zur Schaffung einer weiteren Durchgangsöffnung statt, die jedoch nicht in einem Genehmigungsverfahren mündeten.
    Hintergedanke dieses Begehrens waren wohl Komfortgründe, um einen witterungsunabhängigen Zugang zum Sanitärbereich zu gewährleisten. Eigentlich sollten die auf dem Gelände vorhandenen Toiletten  mitgenutzt werden.

    Trotzdem wurden im Herbst letzten Jahres einschneidende Maßnahmen vorgenommen.
    Da sich die eingebaute Fußbodenheizung überraschenderweise als unzureichend erwies, wurden kurzer Hand zur unterstützenden Beheizung zusätzlich zwei ca. 50cm durchmessende Luftheizungsrohre durch die Gasometerwandung verlegt.
    Dem bedürftigen Gang über das freie Gelände konnte Abhilfe geschaffen werden, indem ein Sanitärcontainer über eine neu eingeschnittene Durchgangsöffnung in der Wandung an den Gasometer angedockt wurde.
    Die Gründe für z.T. massive Aufweitungen der schon länger bestehenden Fluchtwegeöffnungen auf der Nord- und Südseite sind unklar und werden bislang behördlicherseits in Abrede gestellt.

    Ferner wurden auch Belange der denkmalrechtlich geschützten unmittelbaren Gasometerumgebung berührt. Hierzu gehörten u.a. die Einbringung von roten Durchgangstüren, Verteiler für die Fußbodenheizung, getigerte Handläufe, Bretterverschlag und Wellblechcontainer zur Unterbringung der Heizaggregate bzw. einer Sanitäreinrichtung.

    Mehrfache Bemühungen (seit Oktober 09) das Landesdenkmalamt zu einer Einmischung in diese in allen Punkten denkmalschutzrechtlich relevanten Maßnahmen zu veranlassen wurden zurückgewiesen.
    In den entsprechenden Antwortschreiben äußert sich das LDA zwar unzufrieden, sieht sich aber gleichzeitig, unter Verweis auf die „Untere Denkmalbehörde“ als Genehmigungsinstanz, rechtlich nicht in der Lage einzugreifen …

    Erst eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige Anfang November 09 führte zu ausgenommen langwierigen Ermittlungen durch das Bezirksamt.
    Der Eigentümer als Verantwortlicher schien hier eher der unpassende Adressat und so nahm der damalige Geschäftsführer der Betreiberfirma die Schuld und das anhängige Verfahren auf sich …

    Ein halbes Jahr später, im Mai 2010 wird Herr Krömer als zuständiger  Baustadtrat im Stadtplanungsausschuss dahingehend zitiert, dass er im Grunde gegen die ausgeführten Baumaßnahmen nichts einzuwenden hat, nur wäre er gerne vorher gefragt worden

    Bereits im April hatte die Untere Denkmalschutzbehörde aufgrund der im März nachträglich eingereichten Anträge (im Nachgang einer Ortsbegehung) zwei Rundöffnungen für die Luftheizung, Verteiler für die Fußbodenheizung sowie die Bedienercontainer befristet und rückwirkend genehmigt – lediglich ein Bretterverschlag sollte äußerlich dem nebenstehenden Container angeglichen werden.
    Erst weitere 6 Monate später, im September, geht im Bezirksamt ein Antrag auf Genehmigung der vor ca. einem Jahr eingebrachten Türen, der damals neu eingeschnittenen Fluchtwegeöffnung und des angedockten Sanitärcontainers ein.

    Genehmigungen unter Zurückstellung denkmalrechtlicher Bedenken, wie es behördlicherseits heißt !

    Angetreten war die Ordnungsbehörde noch mit einem „Verfahren zur Anordnung der Wiederherstellung“…
    (die nun nach Ablauf der Genehmigungsfrist erfolgen soll)

    Hat sich denn niemand über denkmalverträgliche, über technische bzw. lokale Alternativlösungen Gedanken gemacht ?!