Guten Abend!
Da musste man sich erst mal die Augen reiben: Kaum zu glauben, was man da sah in der Abendschau am 3. Oktober 2011. War das wirklich das Gasometer-Gelände Schöneberg in seinem jetzigen Zustand?
Der markante Gasbehälter ist natürlich fotogen, und die Kamera setzte ihn immer wieder in Szene – allerdings ohne die zahlreichen Löcher, die roten Türen, die umgebenden Container und die immer weiter um sich greifenden technischen Geräte für Klimatechnik und Gebläse, die offenbar notwendig für das Betreiben eines funktionierenden Fernsehstudios sind.
Dafür gab es reichlich Schaubilder des Projektentwicklers aus der Vogelperspektive, die immer wieder mal kurz eingeblendet und mit der Kamera im Schwenk gezeigt wurden. Ordentlich kommentiert wurden sie nicht. Aber es ging ja ohnehin so schnell, dass der Abendschau-Zuschauer sich genauso wenig einen Eindruck verschaffen konnte wie vom tatsächlichen Zustand des Geländes heute.
Ein weiter Blick über den Park an der Nordspitze ließ das „Europäische Energie Forum“ ganz weit weg erscheinen. Wen interessiert es, dass sich die immer wieder gezeigte Baustelle direkt am Park befindet und wie hoch dort gebaut wird. Hätte man nicht den Weitblick gewählt, wäre außerdem aufgefallen, dass da noch ein paar seltsame Haufen liegen, mit Planen bedeckt. Das mit Altlasten verseuchte Erdreich aus der Baugrube, das seit Mitte August (!) seiner Entsorgung harrt.
Weiteres Highlight: Der Protagonist des Films Projektentwickler Reinhard Müller. In den Nebenrollen: Andreas Knie (INNOZ), Klaus Wowereit und Bernd Krömer. Die Botschaft des Films: Es gehe voran bei Euref. Regie führte die RBB-Reporterin Heike Boldt-Schüler. Wann der Film entstand, hat man dem Zuschauer im Übrigen gleich vorenthalten. Anlass war nämlich ein überhaupt nicht mehr aktueller Zusammenhang: Eine Grundsteinlegung am 14 September 2011 auf dem Gelände in Anwesenheit des Wahlkämpfers Klaus Wowereit.
So erstaunlich wie die Bilder des offensichtlich verspätet nachgeschobenen Beitrags waren die Kommentare der Reporterin. Darunter Folgender, nachdem sich Stadtrat Bernd Krömer vor der Schmiede zu einem Statement aufgestellt hatte (und nicht vor den von ihm genehmigten Containern im Denkmalbereich gleich daneben):
Der Bezirk hätte den kleinen Park [gemeint ist die Nordspitze] nicht finanzieren können und auch nicht den gasgetränkten Boden oder die Altbauten saniert. Das übernahm Euref-Vorstand Müller.
Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Warum sollte es Bernd Krömer nicht auch bei dieser Reporterin versuchen mit dem Märchen von der Nordspitze. Das gehört zu seinem Standard-Repertoire wie die Anpreisung von „Euref“ als „Leuchtturmprojekt“. Wer ihr wohl erzählt haben mag, dass der Boden, welchen sie auch immer meinte, „gasgetränkt“ gewesen sei und dass der Bezirk und nicht der Eigentümer, die Altbauten zu sanieren hätte?
Auch die TU dürfte ihre besondere Freude gehabt haben. Reinhard Müller gab folgendes Statement ab, nachdem die Reporterin kommentiert hatte, eine private Energie-Universität komme nicht, aber die TU biete in Zukunft Masterstudiengänge an:
Ich glaube, wir haben viel, viel mehr bekommen, als wir je erhofft haben. Wir haben hier heute Promotionsrecht. Wir haben eine staatliche Anerkennung. Das alles ist bei einer privaten Energie-Universität sehr schwierig und insofern sind wir mehr als zufrieden.
Ach ja, und dann war da noch die Rede von der Sanierung des Gasometers, die laut Bezirk schon 2009 vertragsgemäß begonnen hat. O-Ton Reinhard Müller: „Wir haben mit der Sanierung des Gasometers begonnen, das wird leider drei Jahre dauern, weil wir eine besondere Laser-technologie hier verwenden, die besonders energieschonend ist.“
Gute Nacht!
Siehe auch Glöckners Artikel: Vorne Jauch – hinten pfui.