Glückliches Schöneberg

Wie dumm darf sich eine Stadtverwaltung anstellen, bevor es kriminell wird?

BlaumilchkanalDer Spiegel berichtet in Heft 15/2010 über einen Bauskandal in Bonn, der die Stadt und viele Handwerksbetriebe ruinieren kann . Die Bonner Politiker und nun vor allem die Bürger sind dort Opfer eines „Märchenmannes“ und ihres eigenen Größenwahns geworden.

Ein Mann von außerhalb kam, verkündete große Baupläne zu einem World Conference Centrum Bonn (WCCB) , versprach, dass die Stadt keinen Pfennig dafür geben muss, nahm selbst viel Geld mit und verließ danach die Stadt. Er hinterlässt nun Schulden, ein halbfertiges Gebäude und einen politischen Skandal mitten im Wahlkampf. Bonn liegt schließlich in NRW.

Aber auch die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt jetzt gegen Stadtpolitiker bis hin zur Ex-Oberbürgermeisterin. Der Spiegel fragt deshalb:

Wie dumm darf sich eine Stadtverwaltung anstellen, bevor es kriminell wird?

Die Masche ist einfach

Der Investor überzeugte die Bonner mit einem irgendwie bekannten Namen (Hyundai), hat aber nichts mit dem gleichlautenden Konzern zu tun. Die Bonner verzichteten aber wegen des Namens auf jegliche Bonitätsprüfung.

Der Investor kam gemeinsam mit gut beleumundeten Architekten und Anwälten. Diese wechselten nach Abschluss der Verträge offiziell die Seiten und fingen bei Mr. Kim an.

Er fand Fürsprecher bei Politikern, die gegen das Votum der Fachverwaltung alle Hebel in Bewegung setzten, um das Projekt zu ermöglichen.

Er fand begeisterte Unterstützung bei der lokalen Presse, die durch viele wohlwollende, aber faktenarme Artikel Werbung für das Bauvorhaben machte.

In Schöneberg ist so etwas zum Glück nicht möglich

  • Die Politiker in Schöneberg wissen, dass Investoren ihnen gern eitle Träume verkaufen.
  • Sie wissen, dass Investoren und Projektentwickler versuchen, mit Subventionen und Steuergeldern ihre Gewinne zu erhöhen
  • Sie sind sich bewusst, dass Lobbying heute zum Handwerk gehört und vertrauen daher nie ihrem Bauchgefühl sondern nur harten Zahlen und Fakten.
  • Sie wissen, dass Anwälte auch wenn sie früher mal als Baustadtrat oder Bezirksbürgermeister gearbeitet haben, ihre Mandanten frei wählen und deren Interessen wohlfeil gegen die Gemeinde vertreten können.
  • Sie achten streng darauf, dass kein Lokalpolitiker und kein Verwaltungsangestellter in Interessenskonflikte gerät, weil er enge persönliche Kontakte zu Investoren pflegt. Daher vertrauen sie auch ihrer Fachverwaltung und achten auf eine unabhängige Prüfung von Bauvorhaben.
  • Sie sorgen dafür, dass die Gemeinde bei der Schaffung von gewinnträchtigem Baurecht an den Planungsgewinnen beteiligt wird.
  • Sie lernen aus den Fehlern anderer und wissen seit dem Berliner Bankenskandal, dass die Finanzierung von Großprojekten über Immobilienfonds ihre Tücken hat.
  • Auch die Schöneberger Presse achtet streng auf ihre Unabhängigkeit und weiß, dass ihr höchstes Gut die Freiheit in der Berichterstattung ist. Sie nutzt diese Freiheit durch sorgfältige Recherche und lässt sich nicht direkt vom Projektentwickler mit „offiziellen Verlautbarungen“ füttern, die dann in Sonderausgaben unter das Volk gebracht werden.
  • Schöneberger Politiker sind auch – im Gegensatz zu Bonnern – nicht durch große Namen aus der Bundespolitik zu beeindrucken. Denn sie sind schließlich die neuen Hauptstädter und wissen, dass Bundespolitiker auch gerne mal gegen Honorar kleine Vorträge halten, aber niemals für die Folgen eines Bauskandals bezahlen müssen.

Schließlich bleibt nur eine Frage offen:

Wann und wie lernen Politiker?

Reicht es, wenn man schon als Kind Andersens „des Kaisers neue Kleider“ gelesen hat?

Gibt es Warnsignale, die Politiker dazu bringen, Begeisterung in Skepsis zu verwandeln?

Oder muss es immer erst Kosten in Millionenhöhe geben, die dann umgelegt werden auf „die Steuerzahler“, aber nicht auf die private Börse der Politiker ?

Der Gasometer in Schöneberg hat den Bezirk schon 500.000 € gekostet, um dem Investor bei der Sanierung der Altlasten auf einem privaten Grundstück zu helfen. Ein Bauvorhaben, das 500 Mio.€ privates Investitionskapital verspricht und mit verdeckten Subventionen beginnt, sollte bei allen Politikern die Warnsignale zum Schrillen bringen.

Verhindern wir einen neuen Blaumilchkanal!